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Mittwoch, 29. September 2010

Auswendiglernen oder Selbstentdecken?

Manchmal ist der Weg das Ziel, manchmal ist er nur Mittel zum Zweck. Es kommt also drauf an. Nehmen wir als Beispiel „Lernen des kleinen 1x1“: Das Kind entdeckt anhand gleicher Perlenstäbchen die Multiplikation als „besondere Art der Addition“. Es entdeckt das Kommutativgesetz, denn 4 x 8 Perlen haben das gleiche Ergebnis wie 8 x 4 Perlen.

An aufeinanderfolgenden Tagen entdeckt es, das 4 x 8 immer 32 ergibt, montags wie mittwochs... Ihm wird in seiner Umgebung plötzlich auffallen, dass im Eierkarton 2 x 3 bzw. 2 x 5 Eier drin sind und dass in die Bauklotzkiste in einer Lage 4 x 6 Bauklötze passen. Es vermutet vielleicht schon, dass es 24 sind, denn 4 x 6 Perlen waren auch 24. Es zählt nach und - siehe da - 24 Bauklötze!


Das Kind entdeckt selbst, DASS etwas so ist und warum. Später lernt es, dass es das 1x1 braucht, UM etwas anderes zu lösen. Für die halbschriftliche Multiplikation muss das 1x1 sicher beherrscht werden. Dazu müssen die einzelnen Aufgaben auswendiggelernt werden wie Vokabeln einer Fremdsprache. Das Ergebnis muss innerhalb einer Sekunde abrufbar sein.


Warum? Vergleichen wir unser Gehirn mit einem Computer: Wir verfügen über eine große Festplatte (Langzeitgedächtnis) und einen kleineren Arbeitsspeicher. Eine Rechenaufgabe wird im Arbeitsspeicher gelöst. Wenn ich dazu wissen muss wie viel 7 x 5 sind und ich das Ergebnis nicht von meiner Festplatte abrufen kann, dann verschwende ich wertvollen Platz im Arbeitsspeicher (der ist schnell voll, arbeitet dann langsamer und kann sogar abstürzen, zum Blackout führen), werde unkonzentriert, unsicher und verliere die Motivation, bin überfordert und werde möglicherweise „unwirsch“.


Es kommt also auf die Aufgabe an, die es zu lösen gilt, auf mein Vorwissen und mein Zeitbudget. Will ich von Wuppertal nach Düsseldorf und kenne den Weg nicht, kann ich einfach mal drauf losfahren (wenn ich Zeit habe). Sicherlich entdecke ich auf diesem wohl nicht direkten Weg vieles andere, was mir gefällt oder was mich auf neue Ideen bringt. Übertragen auf die Schule heißt das, mein Lernbegleiter beobachtet mich und achtet darauf, dass ich mich nicht völlig in der Wildnis verliere.

Wenn ich mein Ziel aber schnell erreichen will, lass ich mir den direkten Weg erklären - auch wenn mir dadurch andere Erfahrungen entgehen. Beides hat Vor- und Nachteile.

Montag, 20. September 2010

Bunte Perlen zum Schulstart!

Als Perlenkette oder Armband (doppelt, aus Blumendraht) ist eine Rechenkette doch besonders schön und motivierend. Ziel ist dabei, vom Zählen zum Rechnen zu kommen.

Dazu ziehen die Kinder unregelmäßig bunte Perlen auf: maximal vier einer Farbe hintereinander (da das Gehirn bis zu vier als Einheit auf einen Blick erkennen kann) und fangen dann irgendwo an der Kette zu rechnen an: 1 + 3 sind 4, + 2 sind 6, + 4 sind 10, + 1 sind 11,... Wenn das geübt ist, geht man schneller voran: drei, fünf, neun, elf, vierzehn, sechzehn,... Jeden Tag ein paar Minuten, immer mal zwischendurch. Wichtig ist, dass es eine „Endloskette“ ist, damit die Kettenaufgabe nicht immer am selben Punkt startet.

Viel Spaß!

Mittwoch, 8. September 2010

Wie funktioniert "Lernen"?

Zum Auswendiglernen von irgendwelchem Zeugs brauche ich nicht viel Gehirn, jedenfalls nicht das Großhirn. Das Gehirn interessiert, was heute so ist, wie es gestern war und was morgen auch noch gilt. Es sucht nach Regeln. Das Gehirn ist keine Festplatte zum Abspeichern von Daten, sondern ein „Problemlöseinstrument“ (Gerald Hüther). Am besten funktioniert es, wenn es dafür gebraucht wird, wofür es gemacht ist.


Dennoch kann es auch Daten speichern. Durch ständige Wiederholung merkt das Gehirn: „2 mal 4 ist 8. Oh, das kenn ich doch schon. Das war doch letzte Woche schon so. Und gestern auch. Und heute wieder. Das scheint wichtig zu sein. Wahrscheinlich ist es morgen auch noch so. Dann sollte das mal in die Schublade ‚Langzeitgedächtnis‘.“


Ein Sprichwort sagt: „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“ Die Pädagogin und Ärztin Maria Montessori erkannte vor über 100 Jahren: Lernen und Bewegung gehören zusammen. Schulbänke schaffte sie ab. Und Hirnforscher wissen heute: Bei körperlicher Bewegung entsteht die „Hardware“, entstehen neue Zellen und Nervenbahnen. Das Lernen entspricht dann neuer „Software“.


Ok, ich lerne heute etwas und prüfe direkt nach, was ich gelernt habe. Prüfe ich morgen nochmal, kommt heraus, dass ich es morgen sogar noch besser kann. Warum?

Nach dem Lernen finden Prozesse statt, von denen wir nichts merken. Es sei denn: Ich lerne noch etwas anderes. Dann bringe ich damit alles durcheinander und lerne am Ende gar nichts. Lernen braucht Pausen. Es ist aber nicht egal, was ich in der Pause mache. Lerne ich Vokabeln und schaue danach fern, hätte ich mir die Zeit des Vokabellernens schenken können.

Für Lernprozesse ist der Tiefschlaf wichtig! Lernen vor dem Schlafen gehen macht daher besonders viel Sinn.


Dienstag, 7. September 2010

Hirnforschung für Anfänger

Zu wissen, wie Gehirne funktionieren - egal, ob das eigene oder fremde - kann ungemein nützlich sein.


„Welches ist Ihr wichtigstes Organ?“, fragt der Hirnforscher Manfred Spitzer. „Ihr Gehirn! Es ist das einzige Organ, bei dem Sie bei einer Transplantation lieber Spender als Empfänger wären...“


Das Gehirn verfügt über gut 20 Mrd. Nervenzellen, die über Nervenbahnen miteinander verbunden sind. Eine Nervenzelle, ein Neuron, steht für etwas, z.B. für die Farbe „rot“. Wir haben rot kennengelernt, eine freie Nervenzelle damit programmiert und die steht jetzt für „rot“ (Wir müssen auch nicht sparen mit neuen Eindrücken und Erfahrungen, um Neuronen nicht überflüssig zu besetzen - wir haben genug. 20 Mrd., also 20.000.000.000 - das reicht). Nun sehen wir rote Blumen, rote Autos, Radieschen, Blut, was auch immer und verknüpfen nun „rot“ mit der Bezeichnung „Radieschen“, seiner „Form“, „Farbe“, seinem „Geschmack“ und „Geruch“, damit, dass ich das mag, aber Peter nicht,... Zwischen den Neuronen bilden sich also Verästelungen und Verstrebungen. Je mehr, desto besser. Das Gehirn funktioniert nämlich nicht wie ein Karton, der irgendwann voll ist. Nein, witzig ist: Je mehr drin ist, desto mehr passt noch rein!


Jetzt muss man dazu noch wissen, dass die größten Entwicklungsschritte in der frühen Kindheit geschehen. Wenn man die Entwicklung mit dem Bau eines Fachwerkhauses vergleicht, dann schafft man im Mutterleib und ersten Lebensjahr das Fundament, in den beiden folgenden das Fachwerk des Erdgeschosses und zum Schulanfang feiert man Richtfest. Wer meint, mit Schuleintritt beginne der „Ernst des Lebens“... weit gefehlt, der ist dann eigentlich schon vorbei! Was jetzt kommt ist der Innenausbau. Und im Alter von 20 hat man es dann ungefähr geschafft. Ab da lernt das Gehirn nur noch sehr langsam und auch immer in „seinen eigenen vier Wänden“, sprich, große bauliche Veränderungen sind dann nicht mehr möglich. Oder anders gesagt: Wenn im Karton mit 20 noch nicht viel drin ist... wird es schwierig.


Also, lieber früh investieren, statt später teuer reparieren. Das aber bitte nicht falsch verstehen: Nein, ein Kind braucht keinen Stundenplan für seine "Freizeit".

Sonntag, 5. September 2010

Mein Kind will nicht lernen!

„Tom will einfach nicht lernen, was soll ich tun?“, fragt mich eine Freundin. Hm. Tom will schon lernen, er kann gar nicht anders. Aber er will vielleicht nicht das lernen, was du gerade für ihn vorsiehst...


„Beim Spielen kann er sich stundenlang konzentrieren, aber wenn dann Lernen angesagt ist, ist die Stimmung plötzlich hin!“ Und wie sagst du ihm, dass jetzt Lernen angesagt ist? Ich meine, in welcher Stimmlage, welchem Tonfall? Rede beim Spielen doch mal ganz cool und wenn es dann ans Lernen geht, hebe deine Stimme, werde freundlicher, besser gelaunt, beschwingt... Umgekehrt bist du auf dem besten Weg, in seinem Gehirn eine Lernstörung zu programmieren. Solange er mitmacht, lächle. Macht er Quatsch, dann lächle nicht mehr.

Meist ist es ja so: Kinder bekommen erst Aufmerksamkeit, wenn sie anfangen Quatsch zu machen. Oder besser gesagt: Sie müssen erst Quatsch machen, damit wir ihnen Aufmerksamkeit schenken...


„Gestern sollte er noch fünf Aufgaben rechnen und meinte dann, er sei zu müde. Ich bat ihn mit viel Überredungskunst, wenigstens noch zwei zu schaffen... und drohe dann mit Fernsehverbot für den nächsten Tag, weil mir nichts mehr einfällt. Gut finde ich das nicht!“ Ist es ja auch nicht. Merkst du, wie viel Macht du ihm gibst? Ein Kind zum Lernen zu „zwingen“, bringt außer negativen Einstellungen, Angst und Gehorsam nicht viel. Und wenn es müde ist, sollte man ihm eine Pause zugestehen. Aber wenn vorher fünf Aufgaben vereinbart waren, dann sollten die erledigt werden. Meinst du dein Arbeitgeber würde dir bettelnd vorschlagen, bei gleichem Gehalt nur noch zwei Tage die Woche zu kommen?